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1. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 31

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 81. Geistiges und sittliches Leben. 31 worden, daß Praedicat invictissimi (lateinisch) nicht ihm, sondern Ew. Majestät gebührt" (Ans Dr. Müller, Geschichte des deutschen Volkes, entnommen.) 6. In gleicher Weise trat vorzugsweise durch französischen Ein- Sermeiidwnj in flnß eine Verwelschnug in Tracht und Sitte ein. Studenten und "rad't und '-ltte' Bürger zeigten Vorliebe für Schlapphüte, Perücken, geschlitzte und gepuffte Kleider. Bei den Frauen verschwand die kleidsame, züchtige Tracht des 16. Jahrhunderts; geschmacklose Reifröcke, gesundheitswidrige Schuiirleiber tauchten auf und verschafften sich allgemeine Geltung. Und wie das Äußere sich änderte, so wandelte sich der Sinn. Zuchtlosigkeit, lockere Sitten nahmen in erschreckender Weise überhand und verderbten das deutsche Wesen beinahe bis auf deu Kern. Der Satiriker Logau (t 1655) spottete: „Alamode Kleider, alamode Sinnen: Wie fichs wandelt außen, wandelt fichs auch innen." Und an einer anderen Stelle ruft er die Mahnung aus: „Diener tragen insgemein ihrer Herrn Liverei: Soll's denn sein, daß Frankreich Herr, Deutschland aber Diener sei? Freies Deutschland, schäm' dich doch dieser schnöden Kriecherei." 7. Eine der schlimmsten Früchte des 30 jährigen Krieges war die Religiöse Be» Verarmnng und Verwahrlosung, die im religiösen Denken und tmn'9en-Leben der Nation eintrat. Das von den Schrecknissen des Krieges heimgesuchte Volk wurde vielfach irre an Gott, verfiel dem Unglauben oder einem rohen Zauber- und Dämonen glauben. Weit verbreitet war der Wahn, man könne sich durch irgendwelche Mittel (Talisman, Amulett) kugelfest, d. h. unverwundbar machen, man könne mit dem Teufel ein Bündnis schließen und mit seiner Hilfe in den Besitz überirdischer Kräfte gelangen, welche befähigten, treffende Kugeln zu gießen, verborgene Schütze zu heben, wichtige Geheimnisse zu ergründen und die Zukunft zu entschleiern. Die Hexen-Prozesse, welche Ende des 15. Jahrhunderts eingeführt wurden, nahmen an Zahl zu und mit ihnen die Anwendung der Folter, welche durch die ausgesuchtesten Martern das Geständnis der unglücklichen Opfer zu erpressen suchte. 8. Blicken wir aus das Gesamtbild zurück, welches unser Volk in der Mitte des 17. Jahrhunderts in materieller, geistiger und sittlicher Beziehung darbot, so drängt sich uns die Erkenntnis auf, daß der große Krieg, der schrecklichste aller Kriege, die deutsche Nation in

2. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 78

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
78 Viii. Vom Westfälischen Frieden bis zur Französischen Revolution. Minister William Pitt erkannte die Konvention von Zeven nicht an, rief den unfähigen Cumberland zurück und stellte in dem Herzog Ferdinand vou Braunschweig einen trefflichen Führer an die Spitze des englisch-hannoverischen Heeres. Dieser verscheuchte die Franzosen, die noch unter dem Eindruck von Roßbach standen, aus ihren Winterquartieren in Hannover und Westfalen, trieb sie über den Rhein und schlug sie bei Krefeld (Juni) fo anfs Haupt, daß das nordwestliche Deutschland den Sommer hindurch vor weiteren Einfällen bewahrt blieb. Im Osten drang Friedrich Ii., indem er feinem Bruder Heinrich die Deckung Sachsens überließ, nach Mähren vor. Er gedachte, das seste Olmütz zu nehmen und dann einen Vorstoß auf Wien, das Herz des Gegners, zu machen. Das Unternehmen scheiterte. Nach längerer vergeblicher Belagerung von Olmütz mußte er vor der österreichischen Übermacht nach Schlesien zurückweichen. Hier ereilten ihn schlimme Nachrichten. Die Russen waren unter Fermor in Ostpreußen wieder eingefallen, waren bis ins Brandenburgische vorgerückt und wüteten da mit Brand, Mord und Verheerung. Schnell entschlossen, kam Friedrich Ii. herbei und rettete in einer mörderischen Kiedrich-Schmacht in den Sümpfen bei Zorndorf (unweit Küstrin) die Mark bei Arndorf vor weiteren Heimsuchungen durch die Barbaren (August 1758). Ein Hauptverdienst um den Sieg erwarb sich der General Seydlitz, der Sieger von Roßbach. — Inzwischen war Friedrichs Bruder Heinrich in Sachsen durch Daun, der nach Schlesien und Sachsen vorgerückt war, in Bedrängnis geraten. Voll Siegeszuversicht eilte der König dahin, um zu helfen. Unbegreiflicherweise schlug er bei dem Dorfe o. Niederlage Hochkirch den auf den Höhen von Bautzen in fester Stellung ver-Ätfsj. schanzten Österreichern gegenüber sein Lager auf und verhielt sich so sorglos, daß einer seiner Generale sagte: „Wenn die Österreicher uns hier in Ruhe lassen, so verdienen sie gehängt zu werden." (Friedrichs witzige Antwort: „Ich hoffe, sie fürchten uns mehr als den Galgen.") Friedrich hatte seinen Übermut zu büßen. In der Nacht vom 13. auf den 14. Oktober brach Daun mit überlegener Macht in das feindliche Lager ein und richtete hier die größte Verwirrung an. Die Preußen verloren fast alles Geschütz und etwa 9000 Mann. Nichtsdestoweniger faßte Friedrich bald wieder Mut und betrieb mit neuem Eifer die Rüstungen für 1759; es gelang ihm auch, sich im Besitz von Schlesien und Sachsen zu behaupten. 1759: a) stier- 2. Das Jahr 1759 war ein Unglücksjahr für Preußen. Es Russen und Lster. brachte Friedrich Ii. nahezu an den Rand der Verzweiflung und raubte ihm alle Hoffnung auf einen befriedigenden Ausgang des Krieges. Noch hatte er die Lücken nicht ganz ausgefüllt, welche die bisherigen Siege und Niederlagen in sein Heer gerissen, da schickte

3. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 145

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 114. Reformen in Preußen und Anbahnung der Erhebung. 145 4. Stein und Scharnhorst, diese Männer der Tat, waren Organi- Patrioten unter satoren des Staats- und Heerwesens. In gleichem Geiste, aber auf Säc anderem Gebiete, wirkten große, von Patriotismus durchglühte Männer, die sich eine Erneuerung im Gedanken-, Gefühls- und Willensleben der Natiou zum Ziele fetzten: vor allem der Philosoph Johann Gottlieb Fichte und der Theolog Friedrich Schleiermacher. Fichte brachte iu seinen gewaltigen „Reden an die deutsche Nation", die er im Winter 1807—1808 im Akademiegebäude zu Berliu hielt, während französische Bataillone mit Trommelwirbel unter den Linden vorbeizogen, den Deutschen zum Bewußtsein, daß sie durch eigene Schuld, durch ihre sündhafte Selbstsucht gefallen seien und daß sie nur durch die Rückkehr zu ihrem echten und reinen Wesen, zu ernster Sittlichkeit, wahrer Bilbnng, Religion und opferwilliger Vaterlanbs-liebe gerettet werben können. Schleiermacher rüttelte bnrch geistreiche Vorlesungen an der Berliner Universität (gegrünbet 1810 auf Anregung Will), v. Humbolbts, des Freunbes von Goethe und Schiller) und tiefsinnige Prebigten die Gewissen seiner Hörer, inbem er mit embringlicheu Worten die Niebrigkeit eines bloßen Genußlebens, die Hoheit sittlicher Größe, die Wonne wahrer, in praktischer Betätigung sich äußeruber Frömmigkeit schilberte und betonte, daß der Wert des Menschen in der selbstlosen Hingabe an das Ganze liege. — Ernst Moritz Arndt forberte in Gebichten und Schriften die Abkehr von der weichlichen, greisenhaften Bilbnng der Zeit, verlangte Mannessinn und Tapferkeit und schürte, auf Gott vertranenb, „der keine Knechte wollte", mit Flammenzungen den Haß gegen Napoleon. Der Turnvater Jahn war mit Eifer bemüht, bnrch Leibesübungen die physifche Kraft der Berliner Jünglinge zu stählen, zugleich aber auch bitrch das Absingen patriotischer Lieber und biirch kurze, originelle Reben die Begeisterung für die Befreiung des Vaterlanbes zu eutzüubeu. Uhlanb bichtete um 1811: „Des Säugers Fluch" und weckte bnrch beit blutigen König, den Fluch des Sängertnms, die Erinnerung an den rachsüchtigen Bebrücker. Und zu beit Lebenbeu gesellte sich die Stimme eines Toten. Schillers Geist erwachte und wanbte sich an die Nation mit den ernsten Mahnworten: „Ans Vaterlanb, ans teure, schließ bich an", und „Nichtswürbig ist die Nation, die nicht ihr alles setzt an ihre Ehre". Die Saat, welche alle diese Patrioten ausstreuten,' reiste langsam, aber sicher zur reichen Ernte heran. Allmählich trat eine innere Ge-suitbung und Verjüngung des Geschlechtes ein. Ehe es aber zur Erhebung und zur Abschiittelung des srembeit Joches kam, mußte noch viel Schlimmes erbitlbet werben. Griebel, Lehrbuch der deutschen Geschichte. Ii. 10

4. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 147

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 116. Die Erhebung Österreichs 1809. 147 1808 erfolgte die Ankunft der zwei Kaiser in Thüringens Hauptstadt. Damit die Erfurter Tage einen imposanten Verlauf nahmen, erschienen auf Napoleons Wink auch die Fürsten der Rheinbundsstaaten. Vier Könige und 34 andere gekrönte Häupter beeilten sich, dem Herrn Europas ihre Huldigung darzubringen. Alle erdenkliche Pracht der Welt kam zur Entsaltung. Die Verhandlungen mit Alexander führten zu dem gewünschten Resultat. Napoleon verhieß dem Zaren freie Hand gegen die Türkei und Begünstigung seiner Orientpläne; Alexander erkannte Joseph als König von Spanien an und versprach Unterstützung in einem etwaigen Krieg gegen Österreich. 4. Nun konnte Napoleon an die Unterdrückung des spanischen Ausstandes denken. Ehe er dahin zog, schrieb er, um die Lust zur Erhebung im Keime zu ersticken, an Franz I. einen in hochmütiger Sprache abgefaßten Brief, worin die Worte standen: „Was Ew. Majestät find, find Sie durch meinen Willen." In Spanien brachte Napoleon wohl feinen Bruder Joseph nach Madrid zurück; aber er konnte trotz aller Übermacht das Volk nicht zur Ruhe bringen. Der Kampf tobte fort und endigte 1813 mit der Flucht Josephs aus Spanien und mit der Rückkehr Ferdinands Vii. nach Madrid (1814). § 116. Die Erhebung Österreichs 1809. 1. Während Napoleon in Spanien weilte, begann es in Österreich zu gäreu. Die durch Stein und andere Patrioten angefachte Bewegung war dorthin gedrungen und hatte allmählich alle Schichten der Bevölkerung ergriffen. Die Seele derselben war Gras Stadion, ein Aristokrat aus einem alten schwäbischen Rittergeschlecht, den Franz I. bald nach dem Preßburger Frieden an die Spitze der Staatsverwaltung berufen hatte. Durch und durch deutsch in seiner Gesinnung und von der Überzeugung durchdrungen, daß nur ein tatkräftiges Zusammenwirken von Regierung und Volk den Staat aus seiner drückenden Abhängigkeit von Napoleon befreien könne, suchte er durch zeitgemäße Reformen der Nation vaterländischen Geist, opferwilligen Sinn einzuhauchen und die Volkskräfte zu entfesseln. Bauernstand und Bürgerstand erfuhren Erleichterungen, die Presse wurde von beengenden Vorschriften befreit, die Schule erfreute sich größerer Fürsorge und die Talente im Volke kamen zur Geltung, indem man sie in einflußreiche Stellungen einrücken ließ. 2. Und wie aus dem Gebiet der Verwaltung, so kam es auch im Heerwesen zu heilsamen Neuerungen. Das größte Verdienst um die Regeneration des Heeres erwarb sich Erzherzog Karl, Öfter- 10* Reformen im Staatswesen. Reformen im Heerwesen.

5. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 149

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 116. Die Erhebung Österreichs 1809. 149 von übte eine zündende Wirknng auf alle Patrioten in Deutschland und Österreich. Unendlicher Jubel durchtönte die Gaue. Man feierte Erzherzog Karl als „Überwinder des Unüberwindlichen". Allgemein wurde nun die Beteiligung Preußens am Krieg erwartet. Allein Friedrich Wilhelm litt unter einem Mißtrauen teils in die eigene Kraft, teils in die Zuverlässigkeit Österreichs, fürchtete von einem ungünstigen Ausgang des Krieges die völlige Vernichtung seines Staates und kam zu keinem Entschluß. — Einige Wochen nach dem Ereignis von Aspern wandte sich das Kriegsglück von den nicht immer einigen Erzherzogen wieder dem französischen Kaiser zu. Nachdem er seine erschöpften Truppen durch neuen Zuzug verstärkt hatte, machte er einen wuchtigen Angriff auf den bisher untätig gebliebenen Erzherzog Karl und brachte demselben in der zweitägigen Riesenfchlacht bei Wagram (5. und 6. Juli) eine vernichtende Niederlage bei. 5. Das Schicksal Österreichs war entschieden. Erzherzog Karl Ar Friede bm legte das Kommando nieder und Stadion räumte Metternich feinen asten im Platz. Die alsbald begonnenen Verhandlungen kamen am 14. Oktober 1809 im Frieden zu Schönbrunn (bei Wien) zum Abschluß. Österreich mußte Salzburg, Berchtesgaden und das Jnnviertel an Bayern; Dalmatien, Istrien, Krain an Frankreich; Galizien an Warschau abtreten und sich der Kontinentalsperre anschließen. Der Friede drängte Österreich vom Meere zurück und fügte seinem Handel und feiner Industrie empfindliche Schädigungen zu. — In Schönbrunn wurde auch zu gunften der Rheinbundstaaten die Auflösung des Deutsch Herren Ordens und die Verteilung feiner Besitzungen beschlossen (Mergentheim an Württemberg). Ein Jahr darauf, 1810, erhielt Bayern noch Regensburg und die Markgraffchaft Bayreuth. Der Primas Dalberg wurde für Regensburg mit dem ans Frankfurt, Hanau, Afchaffenlmrg und Fulda gebildeten Großherzogtum Frankfurt entschädigt. 6. Längst schon hatte Napoleon den Wunsch gehegt, sich mit einer Napoleons Be^ r 1 ^ J rv t c v mählung mit europäischen Dynastie durch Heirat zu verbinden. Franz 1. und der Marie Luise geschmeidige Metternich kamen ihm in dieser Hinsicht entgegen und brachten ein Opfer, das ihm Alexander von Rußland stets verweigert hatte. Napoleon ließ sich int Dezember 1809 von feiner Gemahlin Jofephine, die ihm feine Kinder geschenkt, scheiden und warb um die Hand der österreichischen Kaisertochter Marie Luis e. Im März 1810 war die Hochzeit; der aus der Ehe hervorgegangene Sohn (1811) erhielt schon in der Wiege den Titel: „König von Rom." (Der Kirchenstaat war 1809 mit Frankreich vereinigt worden.)

6. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 116

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
116 Ix. Von der Französischen Revolution bis zum Wiener Kongreß. c. Schreckens Herrschaft des Wohlfahrtsausschusses. d. Einführung einer neuen Zeitrechnung. e. Royalistische Ausstände und Ende der Schreckensherrschaft. Königs, Dauphin Ludwig (Ludwig Xvii.), wurde einem verworfenen Schuhmacher zur Erziehung übergeben. Er starb 1795 infolge von Mißhandlungen. „Wir haben die Schiffe hinter uns verbrannt", rief Ararat nach der Hinrichtung Ludwigs Xvi. aus und deutete damit an, daß den Männern des Umsturzes und der damaligen Herrschaft keine Wahl blieb, als Vernichtung aller ihrer Gegner oder eigener Untergang. Solcher Auffassung entsprechend, handelte nun auch der National-konvent. Er riß alle gesetzgebende und ausübende Gewalt an sich und übte ein Schreckensregiment ans, das alles übertraf, was sich bisher Entsetzliches zugetragen hatte. Au seiner Spitze stand der sogenannte Wohlfahrtsausschuß, in dem Robespierre, Danton it. a. ihre bluttriefende Tätigkeit entfalteten. Derselbe entwarf Gesetze, welche den ruhigen Bürger erzittern machten, alle Widerstrebenden mit dem Tode bedrohten und die einst so gefeierte Freiheit und Gleichheit in das Reich der Träume verwiesen. Ein Revolutionstribunal urteilte als oberster Gerichtshof über alle „Verdächtigen". Es kannte nur die Todesstrafe. Appellation oder Begnadigung gab es nicht. In den Provinzen bildeten sich Revolutionsausschüsse, die vom Konvente aus ihre Weisungen erhielten zur Ausrottung aller Männer von Besitz, Bildung und edler Gesinnung, und in allen größeren Städten, wie in Bordeaux, Nantes, Lyon, wüteten Kommissare des Wohlfahrtsausschusses, indem sie die entartete Menge zum Morde aufstachelten. Tausende von Bürgern, die bisher in Ruhe ihr Tagewerk verrichteten, verbluteten auf der Guillotine (einer von dem Deputierten Guillotiu erfundenen Enthauptungsmaschine, Fallbeil). Damit der Zusammenhang mit der Vergangenheit aufgehoben werde und steh die Erinnerung nicht mehr in frühere Jahrhunderte flüchten könne, führte man eine andere Zeitrechnung ein und bezeichnete als Anfang der neuen Zeit den 22. September 1792 (Gründungstag der Republik). Als veraltet betrachtete man auch das Christentum; man verbot den christlichen Kultus, hob den Sonntag und alle gottesdienstlichen Einrichtungen auf und ordnete die Verehrung der Vernunft an als der Quelle der Weisheit und Erkenntnis. So brach das Alte, Ehrwürdige und Geheiligte zusammen, die Stützen, welche Bildung und Gesittung getragen; Zerstörungswut und rohe Sinnenlust schritten sieghaft einher (1794 ließ Robespierre bitrch den Konvent wieder dekretieren: „Das Dasein eines höchsten Wesens und die Unsterblichkeit der Seele sei eine Wahrheit"). Gegen diese nmstürzlerischen Neuerungen und die Tyrannei des Konventes erhoben sich zwar viele Franzosen, so die Bevölkerung der Veitl)ee und die südlichen Städte Marseille, Bordeaux, Lyon und Toulon; letzteres rief sogar die Engländer zu Hilfe und räumte

7. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 159

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 120. Die Erhebung Preußens. 1813. 159 Kampfe erwerbe. (Die Devise lautete: „Mit Gott für König und Vaterland!") Wenige Tage darauf wurde der Krieg an Frankreich erklärt und am 17. März erließ Friedrich Wilhelm seinen berühmten Aufruf: „An mein Volk", worin er mit eindringlichen Worten an die tiefen Wunden erinnerte, welche Napoleon dem Lande geschlagen, an das Unglück und die Schmach des Volkes, dann auf die glanzvollen Gestalten der preußischen Geschichte, auf den Großen Kurfürsten und den großen König hinwies, endlich dem Vertrauen auf die Opferfreudigkeit des Volkes und auf den Beistand Gottes, sowie der Hoffnung Ausdruck verlieh, daß man im Kampfe siegen, einen glorreichen Frieden und eine glückliche Zeit herbeiführen werde. Es sei der letzte entscheidende Kampf, den man für die Existenz, die Unabhängigkeit und den Wohlstand des Volkes bestehe; es gebe keinen anderen Ausweg, als einen ehrenvollen Frieden oder einen ruhmvollen Untergang. 3. Die Wirkung dieser Kundgebungen und vorbereitenden Maßregeln war eine wunderbare. In allen Herzen loderte die Begeisterung in hellen Flammen empor; es entbrannte ein heiliger Wetteifer in der Hingabe ein das Vaterland. Alle Lebensalter, Be-rnfskreise und Geschlechter wirkten, jedes in seiner Weise, zusammen, um die längst vermißten idealen Güter: Freiheit, Ehre, Recht zu erringen. Die Universitäten schlossen die Hörsäle, die Gymnasien leerten sich, der Bürger verließ seine Werkstätte, der Bauer den Pflug; alle eilten zum blutigen Kampfe herbei. Binnen drei Tagen meldeten sich 9000 Freiwillige: Beamte, Professoren, Studenten ic. Viele von ihnen traten in das berühmt gewordene Lützowsche Jägerkorps ein, so Körner, Jahn zc. In wenigen Monaten hatte Preußen mit fünf Millionen Einwohnern 270 000 Soldaten unter den Waffen. Mit dem Erwachen des vaterländischen Geistes und der Kampfeslust war die Weckung des religiösen Sinnes verbunden. Die Krieger strömten in die Kirchen, erflehten den Beistand von oben, empfingen den priesterlichen Segen und zogen aus zum Kampfe und Tod. Und die zu Hause blieben, trugen auch nach Kräften zum Gelingen des guten Werkes bei. Frauen und Jungfrauen bildeten Vereine zur Pflege der Kranken und Verwundeten und zur Sammlung von Liebesgaben. In reichem Maße flössen aus dem ausgesogenen Lande Gelder und Wertsachen zur Bestreitung der Kriegskosten. Viel tausend Eheleute opferten ihre goldenen Trauringe und legten eiserne an und unzählige Jungfrauen legten ihren Schmuck auf dem Altar des Vaterlandes nieder. In schöner Weise spiegelten die Erzeugnisse des dichterischen Geistes die Stimmung jener Tage wieder. E. M. Arndt (1769—1860) saug: „Der Gott, der Eisen wachsen ließ, der wollte feine Knechte" und der jugendliche, heldenhafte Theodor Korner ries der Nation die anfeuernden Worte zu: Wirkung: allgemeine Begeisterung.

8. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 189

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 132. Regierungsantritt Friedrich Wilhelms Iv. 189 für Fragen des öffentlichen Lebens gegeben und die Meinung erweckt, er werde die neuen Ideen der Zeit auf sich wirken lassen und sich den Wünschen des Volkes gegenüber nicht ablehnend verhalten. Mit hochgespannten Erwartungen sah man daher seiner Thronbesteigung entgegen. Unwillkürlich kamen auch Erinnerungen an das Jahr 1740, in welchem Friedrich der Große, der Philosoph auf dem Throne, die Zügel der Regierung ergriff, und au das Jahr 1640, in welchem der Große Kurfürst seine erfolgreiche Wirksamkeit als Regent begann. Vielleicht werde der Geist jener Ahnen den neuen König erfassen und diesen zu befreienden Taten bewegen. Die ersten Regierungs- Ne-Äs" Handlungen Friedrich Wilhelms Iv. schienen alle Hoffnungen zu Handlungen. bestätigen. Der König lockerte die Fesseln, durch welche die Freiheit der Presse und Rede eingeschränkt war; eine allgemeine Amnestie für politische Vergehen und Verbrechen öffnete Hunderten von sreiheits- und vaterlandsliebenden Männern die Pforten der Gefängnisse; M. Arndt, seit 1820 suspendiert, wurde wieder in seine Professur eingesetzt und L. Jahn aus der Polizeiaufsicht (und seiner Internierung zu Freiburg') befreit; die beiden Grimm erhielten als Mitglieder der Akademie einen ehrenvollen Ruf nach Berlin (1840) und Dahlmann wurde Professor in Bonn. Angesichts solcher Tatsachen hielt man es für wahrscheinlich, daß der König den von der Zeit geforderten Schritt tun, nämlich Preußen in einen Verfassungsstaat mit einer Volksrepräsentation verwandeln werde. 3. In dieser Beziehung aber erlebte man schon 1840 eine Ent- Ss^egen8 täuschung. Der König ließ sich, einem alten Brauche folgend, von etneftmiftttimmi. den Ständen der Provinzen huldigen. Gelegentlich der H u l d i g u n g s - feier in Ostpreußen (Königsberg) nahten sich ihm die Stände unter Berufung auf eine Verordnung von 1815 mit der ehrfurchtsvollen Bitte, das in jener Verordnung gegebene Versprechen seines Vaters einzulösen und den preußischen Staat in die Reihe der konstitutionellen Staaten einzuordnen. Die mit Spannung erwartete Antwort enthielt eine entschiedene Ablehnung. Der König denke an eine weitere Entwicklung der Provinzialstände, wolle aber von Volksvertretungen im modernen Sinne nichts wissen. (Patriarchalisches Königtum, nicht konstitutionelles.) Die Erkenntnis der Kluft zwischen dem Gedankenkreis des Königs und den Forderungen des Volkes brachte den ersten Mißklang in den allgemeinen Jubel. Bald verstummte derselbe ganz und gar und es verbreitete sich eine Mißstimmung, welche in der Tagespresse, in Gedichten und Flugschriften einen Ausfluß suchte und fand. Die Unzufriedenheit wuchs von Jahr zu Jahr und nahm mit der Zeit eine bedenkliche Höhe an. 4. Da erschien im Februar 1847 ein königliches „Patent," Am Febr^i^

9. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 260

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
260 Xi. Bayerische Geschichte. In der mannigfachsten Weise kam diese deutsche Gesinnung zum Ausdruck. Einige Äußerungen derselben: Als Napoleon das Deutsche Reich zu gründe gerichtet hatte, die deutschen Stämme am meisten unter seiner Tyrannei seufzten und Deutschland also auf der tiefsten Stufe seiner Erniedrigung angelangt war, da faßte der patriotische Wittelsbacher den Gedanken, dem Ruhme des deutschen Volkes eine Halle der Unsterblichkeit zu errichten. Es reifte der Plan zur Walhalla bei Regensburg, iu welcher die Büsten derjenigen Deutschen aufgestellt werden sollten, die sich als Regenten, Staatsmänner, Feldherren, Gelehrte und Künstler durch Entfaltung ungewöhnlicher Die Walhalla bei Negensburg. Geistesgaben unsterbliche Verdienste erworben hatten. Bei der Grundsteinlegung des stolzen Baues sagte der König die Worte: „Mögen, so wie diese Steine sich zusammenfügen, alle Deutschen kräftig zusammenhalten!" Bald nach der Eröffnung der Walhalla (1842) tauchte in Ludwigs Seele der weitere Gedanke auf, der Erinnerung an die glorreiche Erhebung ganz Deutschlands gegen Napoleon ein Denkmal zu widmen. In Ausführung desselben erhob sich die Befreiungshalle bei Kelheim (eröffnet den 18. Oktober 1863), auf deren Mosaikboden sich die beherzigenswerte Inschrift befindet: „Möchten die Teutschen nie vergessen, was den Befreiungskampf notwendig machte und wodurch sie gesiegt!" Als weitere Äußerung der Liebe des Königs zum

10. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 30

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
30 Vii. Der Dreißigjährige Krieg. Astronom Kepler, zuletzt Lehrer der Mathematik in Prag, lebte in bitterer Dürftigkeit, mnßte seine Kraft in niederem Erwerbe erschöpfen und starb, nachdem er „beim Regensburger Reichstag um Wiedererstattung seines ihm entzogenen Gehaltes" gebettelt, mit vor Kummer gebrochenem Herzen. Die Dichtung war zu einem matten Abglanz ihrer früheren Höhe herabgesunken. Sie entbehrte der großen Gedanken und der Selbständigkeit, nahm Fremdes zum Vorbild und ahmte es nach; man dichtete sogar in lateinischer Sprache. Nur das Kirchenlied und der volkstümliche Roman bewahrten noch etwas vom Geist der vergangenen Periode. Hinsichtlich des ersteren verdienen Paul Flem-ming (f 1640), Paul Gerhard (f 1676) und der Jesuit Friedrich Spee (f 1635) Erwähnung; hinsichtlich der volkstümlichen Darstellungen ist Christoph von Grimmelshansen (f 1676) hervorzuheben, der in seinem „Simplicissimns" eine äußerst anschauliche Schilderung des Elends und der sittlich verkommenen Zustünde seiner Zeit bietet. Verwelschung der 5. Die b e it t s d) e Sprache ward in jammervoller Weise vernn-Lprache. galtet, verwelscht. Durch die fremden Kriegsvölker (Ungarn, Kroaten, Spanier, Italiener, Franzosen, Schweden re.), welche Deutschland nach allen Richtungen durchzogen und ein ganzes Menschenalter hindurch mit allen Schichten der Bevölkerung in nächste Berührung kamen, gelangte eine Unzahl von fremden Wörtern und Wendungen iit die Volks- und Schriftsprache der Deutschen. Die kräftigen, wohllautenden Ausbrücke der cblen Muttersprache gerieten ganz in Vergessenheit und es trat eine Abstumpfung und Verrohung des Gefchmackes ein, die an das Unglaubliche grenzt. Welchen Grab die S prachmengerei erreicht hatte, mag ans einem Bericht erfehen werben, den Wallenstein nach dem mißlungenen Sturm Gustav Abolss auf die Ziruborfer Befestigungen an den Kaiser erstattete: .... „So hat sich der König (Gustav Aböls) bei biefer impresa (italienisch: Unternehmung) gewaltig die Hörner abgestoßen, inbem er allen zu verstehen gegeben, er wolle sich des Lagers bemächtigen, ober kein König sein, er hat auch bannt sein Volk über die Maßen discoragiret (französisch), daß er sie so liarzardosameiite (spanisch: tollkühn) angeführet, daß sie in vorfallenben occasionen (lateinisch) ihm besto weniger trauen werben; und ob zwar Ew. Majestät Volk valor (ital. spanisch: Tapferkeit) und caraja (Mut) zuvor überflüssig hat, fo hat boch diese Occasion es mehr asse-curiret (lateinisch), inbem es gesehen, wie der König, so alle seine Macht zusammengebracht, rebutirt (französisch) ist
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